Editor’s Notes

Brad Pitt, wir müssen reden: Sobriety, Gin und ein verwirrendes Signal

Text & Collage:
Oliver Schwarzwald

Editorial #7

Brad Pitt, wir müssen reden!

Lieber Brad,

Du bist nicht nur ein herausragender Schauspieler, sondern auch eine der bekanntesten Persönlichkeiten, die offen über ihre Vergangenheit mit Alkohol gesprochen haben. Dein Weingut Château Miraval, das du 2011 mit Angelina Jolie erworben hast, zählt heute zu den führenden Rosé-Adressen. Damals war Alkohol ein fester Bestandteil deines Lebens. In einem GQ-Interview 2017 sagtest du: „Ich kann mich nicht erinnern, einen Tag seit dem College nicht getrunken oder einen Spliff geraucht zu haben.“ Du hast dich selbst als funktionierenden Alkoholiker beschrieben und zugegeben: „Ich war ein Profi.“

2016 kam der Wendepunkt. Nach deiner Trennung bist du zu den Anonymen Alkoholikern gegangen und hast öffentlich über deine Abstinenz gesprochen. Bei einer Preisverleihung 2020 hast du Bradley Cooper gedankt: „Ich bin wegen dieses Kerls nüchtern geworden, und jeder Tag ist seitdem glücklicher.“ Dein Weg hat gezeigt, dass es nie zu spät ist, Klarheit zu finden.

Und dann – 2023 – The Gardener Gin. Ein neues Alkoholprodukt, das du nach sieben Jahren Abstinenz aktiv mitentwickelt haben sollst. Natürlich könnte man sagen: Das eine ist Geschäft, das andere privat. Dein Weingut? Verständlich. Aber jetzt das hochprozentige Geschäftsfeld?

Der Pressetext klingt poetisch, du wolltest „Eine Spirituose, die den Geist der französischen Riviera widerspiegelt“ kreieren. Schöner Gedanke. Und ganz ehrlich? Das übliche Bla Bla.

Aber am Ende geht es um Alkohol – ein Produkt, das verkauft wird, weil es wirkt. Für manche bedeutet diese Wirkung eben kein Riviera-Feeling, sondern das komplette Gegenteil.

Ist Alkohol also doch nur ein neutrales Lifestyle-Produkt? Für die einen unproblematisch, für andere gefährlich? Das alte Narrativ: Nicht die Substanz ist das Problem, sondern der Konsument. Aber wir alle (auch Du), wissen längst, dass es nicht so einfach ist. Sucht unterscheidet nicht zwischen „richtig“ oder „falsch“ trinken. In Wahrheit sind in diesem Punkt alle gleich.

Und genau deshalb bleibt die Frage: Warum erzählt man öffentlich von Klarheit und Wandel – um dann mit einem Gin auf den Markt zu gehen?

Wer seine Nüchternheit teilt, wird zwangsläufig zur Inspiration. Deine Offenheit hat vielen Menschen Hoffnung gegeben. Genau deshalb wirkt The Gardener Gin so verstörend. Es geht nicht um Moral. Ich bin der Letzte, der urteilt. Aber wer ein Beispiel für Veränderung gibt, sendet eine Botschaft.

Und diese Botschaft lässt mich jetzt – milde gesagt – verwirrt zurück.

Vielleicht liegt es daran, dass wir gerade versuchen, eine neue Geschichte zu schreiben. Eine, in der Alkohol nicht mehr die Norm ist, sondern eine Entscheidung. Kein Automatismus.
Ich hatte gehofft, wir wären schon ein Stückchen weiter.

Cheers Oliver Schwarzwald März 2025

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